Die Entwicklung des E-Commerce

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Obwohl er eigentlich eine vergleichsweise junge Disziplin ist, hat der E-Commerce bereits eine beachtliche Wegstrecke hinter sich gebracht. Während ältere Generationen große und kleine Einkäufe ausschließlich im stationären Handel oder per telefonischer Bestellung erledigten, ist für uns ein Leben ohne Onlineshopping nicht mehr denkbar. Welche Meilensteine haben die Entwicklung im E-Commerce geprägt? Welche aktuellen Trends gibt es? Und wie wird sich der E-Commerce weiter entwickeln?

Erster Meilenstein: der Verkauf eines Joints

Alles begann in Amerika. Noch lange vor der Einführung des ersten öffentlichen Webbrowsers und den damit einhergehenden Kommunikationsmöglichkeiten experimentierten Studenten an der US-Universität Stanford mit technischen Vorgängerversionen des WWW. Über einen dieser Internetvorgänger wickelten sie in den 70er Jahren eine Transaktion mit befreundeten Kollegen vom MIT in Boston ab. Der Legende nach soll es sich dabei um den Verkauf eines Joints gehandelt haben. Ob wahr oder nicht – die Entwicklung des E-Commerce war ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zu stoppen. Zu verführerisch war die damit verbundene Erschließung neuer Märkte und Käuferschichten. Als erstes E-Commerce Unternehmen gilt der Marktplatz BCE Boston Computer Exchange. Auf einem Bulletin Board System basierend, war BCE auf den Handel von gebrauchten Computern spezialisiert – in den 80er Jahren noch eine Marktnische, in der sich hauptsächlich technisch versierte Spezialisten tummelten.

Jane Snowball, die erste Onlineshopperin

Im Mai 1984 wurde eine Britin namens Jane Snowball mehr oder minder ungewollt zur Pionierin des Onlineshoppings in seiner heutigen Form. Die Rentnerin und Altenheimbewohnerin Snowball profitierte dabei von einem Pilotprojekt in ihrer Heimatgemeinde Gateshead. Ihr Fernseher wurde an ein überregionales System angeschlossen und damit im weitesten Sinn zum Vorläufer des Internet of Things IoT. Snowball hatte nun die Möglichkeit, über ihre Fernbedienung Lebensmittel zu bestellen. Die rüstige Seniorin wählte Margarine, Cornflakes und Eier. Sie war damit die weltweit erste Onlineshopperin.

1994: die offizielle Premiere

In den 90er Jahren wurde der Onlinehandel nach und nach zu einer festen Größe. Innerhalb dieser Jahre nahm die Entwicklung des E-Commerce deutlich an Fahrt auf. Der erste dokumentierte Deal über einen realen Onlineshop ereignete sich im August 1994. Der US-Amerikaner Phil Brandenberger erstand auf dem damaligen Marktplatz Netmarket eine CD des Popmusikers Sting. Dieser Verkauf gilt als der offizielle Startschuss für den globalen Onlinehandel.

Die späten 90er: Amazon und eBay machen den Onlinekauf populär

Die Entwicklung des Onlinehandels lässt sich ohne Erwähnung der „Internetriesen“, Amazon und eBay kaum schlüssig erklären. Beide Unternehmen trugen maßgeblich zum heutigen Stellenwert des E-Commerce bei. Bei Google nach einem Produkt suchen und es anschließend bei Amazon kaufen – wohl jeder hat das schon getan. Die Handelsplattform eBay sorgte ihrerseits dafür, dass Privatpersonen ohne nennenswerten Aufwand zu Onlinehändlern werden konnten.

Krisen können Umsätze beeinflussen

Um die Jahrtausendwende wurden zahlreiche neue Onlineshops gegründet. Das Potenzial des E-Commerce wurde lange Zeit als unerschöpflich angesehen. Eine Sichtweise, die im Jahr 2020 auf unerwartete Weise durch ein eigentlich unerfreuliches Ereignis bestätigt wurde: Die weltweite Covid-19-Pandemie bescherte der E-Commerce-Branche neue Umsatzrekorde. Viele Menschen sahen sich aufgrund der Kontaktbeschränkungen gezwungen, online statt vor Ort zu shoppen. Im Vergleich zu den Vorjahren lag der Umsatzzuwachs in Deutschland bei rund 20%. Diese positive Tendenz erhielt in jüngster Zeit durch die Energiekrise und die damit verbundene Kaufzurückhaltung einen empfindlichen Dämpfer. Dennoch rechnen Analysten damit, dass der E-Commerce weiterhin Umsatzanstiege generieren wird – wenngleich geringer als in den Corona-Jahren.

Elektronik und Fashion als treibende Kraft

Wer kauft was im Internet? Der Handelsverband HDE wollte es genau wissen und beauftragte das IFH Köln mit der Durchführung einer Studie. Das Ergebnis: Elektronik und Mode steuerten im Jahr 2021 mit 24% bzw. 23% den Löwenanteil am Gesamtvolumen des E-Commerce bei. Bedeutet: Fast jeder zweite online ausgegebene Euro entfällt auf ein Elektronik- oder Fashionprodukt. Weitere relevante Segmente mit großem Einfluss auf die Entwicklung des E-Commerce sind Hobby & Freizeit sowie Wohnen & Einrichten.

Stationärer Handel mit zusätzlichem Onlineangebot holt auf

Interessanterweise ist der Onlinehandel keineswegs nur eine Angelegenheit für klassische Onlineshops. Trotz zum Teil höherer Preise kaufen viele Konsumenten auch bei ihnen bekannten stationären Händlern mit angeschlossenem Shop ein. Hypothetisches Beispiel: Ein Kunde kennt ein bestimmtes Geschäft aus eigener Erfahrung und ist von dessen Team sowie Angebot überzeugt. Sucht er nun online nach einem Produkt, so kauft er es lieber bei diesem bekannten Laden als bei einem unbekannten, anonymen Händler. Eine weitere Tendenz: Stationäre Händler nutzen vermehrt Marktplätze, um dort ihre Artikel zu verkaufen. Es muss also nicht immer der klassische Webshop sein – auch der Verkauf über Marktplätze wie Amazon sichert dem stationären Handel das Überleben.

Künstliche Intelligenz und Sprachassistenten im E-Commerce

Die Entwicklung des E-Commerce kennt keinen Stillstand. Insbesondere die Etablierung von Künstliche-Intelligenz-Lösungen gilt als faszinierende Möglichkeit, um dem E-Commerce neues Leben einzuhauchen. Zu den potenziellen Vorteilen gehören:

  • Höherer Personalisierungsgrad beim Einkaufserlebnis
  • Produktoptimierung durch KI-Analyse
  • Arbeitsersparnis durch automatische Kategorisierung mittels KI
  • Kunden können Produkte anhand von selbst eingesandten Bildern suchen
  • Optimierung der Lagerhaltung und des Warenbestands
  • Chatbots verbessern die Kundenkommunikation

Auch Sprachassistenten haben längst den Weg in den Onlinehandel gefunden. Laut einer aktuellen Studie von GetApp haben bereits 20% aller Nutzer Erfahrungen mit Shopping via Sprachassistent gemacht. Voice Commerce – so der Fachterminus – besitzt vor allem zwei Bonuspunkte im Vergleich zu anderen Einkaufsarten: Zeitersparnis und einfache Abwicklung des Kaufs, unabhängig von der eigenen schriftlichen Sprachkompetenz. Voice Commerce gilt deshalb unter Fachleuten als die nächste Evolutionsstufe in der Entwicklung des E-Commerce. Ein Grund dafür ist sicher die Zunahme der Nutzung von Smart-Home-Lösungen, die auf Sprachbefehle reagieren. Beide Märkte profitieren voneinander bzw. sind eng miteinander verzahnt.

Weitere Trends: Nachhaltigkeit, Diversität, Black Friday und Instant Shopping

Dass die Entwicklung im E-Commerce nicht etwa isoliert von den bestimmenden gesellschaftlichen Trends abläuft, belegt das Streben nach Nachhaltigkeit. In der oben zitierten Studie gab rund ein Drittel der Befragten an, dass Nachhaltigkeit bei Kaufentscheidungen im Internet eine wichtige Rolle für sie spielt. Bei jungen Käufern zwischen 14 und 29 Jahren kommt ein weiterer Faktor hinzu: Diese Käuferschicht achtet beim Einkauf vermehrt darauf, dass der zur Auswahl stehende Shop divers aufgestellt ist. Und: Spezielle Aktionstage wie Black Friday sowie Cyber Monday dürften auch in Zukunft zahlreichen Händlern starke Umsätze bescheren. Beide Klassiker befinden sich nach wie vor auf Wachstumskurs. Das Gleiche lässt sich über das Instant Shopping sagen. Käufe über Social Media Accounts – sprich: Plattformen, die kein originärer Onlineshop sind – werden immer beliebter.

Zahlen & Fakten zum aktuellen Onlinehandel

Abschließend noch einige aussagekräftige Zahlen & Fakten zur derzeitigen Entwicklung des E-Commerce in Deutschland:

  • 2020 wurde jeder achte Euro im E-Commerce ausgegeben
  • 2021 war es bereits jeder siebte Euro
  • der Bruttoumsatz des E-Commerce betrug im Jahr 2021 86,7 Milliarden Euro
  • der Bruttoumsatz digitaler Dienstleistungen lag 2021 bei 8 Milliarden Euro
  • der Onlineumsatz via Smartphone betrug 47 Milliarden Euro, also mehr als die Hälfte des Gesamtumsatzes
  • die drei größten Onlineshops in Deutschland sind Amazon, Otto und Zalando mit 13,9 bzw. 4,5 bzw. 1,9 Milliarden Euro Umsatz